"Entscheidend ist zwischen den Ohren" (2024)

Sieben Mal wurde Stephen Hendry Snooker-Weltmeister, führte achte Jahre lang ununterbrochen die Weltrangliste an. Der Schotte hat mehr Titel und Century-Breaks geschafft als jeder andere Spieler – bis sein 20 Jahre altes Queue zerbrach. Mit n-tv.de spricht der 42-jährige Rekordweltmeister am Rande des German Masters in Berlin über die Modernisierung des Snookersports, deutsche Talente und seine Pokerleidenschaft. Und er erklärt, warum er im nächsten Jahr unbedingt wieder in Berlin spielen will.

n-tv.de: Sie sind der erfolgreichste Snooker-Profi der Welt. Mögen Sie auch andere Sportarten?

Stephen Hendry: Ich liebe es, Golf zu spielen, wenn das Wetter es erlaubt. Und es ist zwar eine andere Art Sport, aber ich spiele auch gern Poker. Am Donnerstagabend war ich in der Berliner Spielbank bei einem Turnier. Ich bin Achter geworden von 70 Teilnehmern. Es lief also nicht schlecht.

Beim Snooker hier in Berlin sind Sie bereits in der zweiten Runde an Mark Selby gescheitert. Haben Sie die Zeit beim German Masters trotzdem genossen?

Ja, natürlich. Allerdings genieße ich es nie, zu verlieren, ob in China, in Großbritannien, in Berlin oder sonstwo. Aber ich war das erste Mal mitten in Berlin. Eine schöne Stadt.

Das German Masters ist das erste Weltranglistenturnier seit 1997 in Deutschland. Mehr als 14.000 Tickets wurden verkauft, ein Weltrekord. Wie erklären Sie sich die große Popularität des Sports hierzulande, obwohl es noch nie einen deutschen Snookerstar gab?

Ich denke, das ist vor allem den Übertragungen auf Eurosport zu verdanken. Der Sender hat es ganz offensichtlich geschafft, Snooker in ganz Europa bekannt zu machen. Aber warum der Sport gerade in Deutschland so beliebt ist? Ich weiß es nicht. Es ist unglaublich, dass so viele Tickets verkauft wurden. Aber der Veranstaltungsort ist natürlich fantastisch. Er ist unter den Top-5-Orten, an denen ich weltweit gespielt habe. Wie geschaffen für Snooker, mit den halbkreisförmigen Zuschauertribünen. Jeder kann von überall alle Spiele sehen.

Ist Snooker trotz der perfekten Location in Berlin nicht trotzdem eine perfekte TV-Sportart und dafür geschaffen, von der eigenen Couch aus geschaut zu werden?

Eigentlich sind alle Sportarten im Fernsehen beliebt. Aber beim Snooker sind die Zuschauer extrem nah dran an den Spielern. Obwohl sie gar nicht selbst vor Ort sind, können sie alles sehen. Die Kameras enthüllen jedes kleine Detail über die Akteure – den Druck, unter dem sie stehen, ihre Reaktionen auf einen Fehler. Im Fernsehen hast du die ganzen verschiedenen Kameraeinstellungen, du hörst den Kommentator. Aber hier im Tempodrom, wenn es ausverkauft ist, mit dieser Atmosphäre. Das würde ich lieber live sehen.

Die besondere Atmosphäre im Tempodrom resultiert auch daraus, dass die Spieltische nicht voneinander abgetrennt sind. Macht es das für die Spieler schwieriger?

Ich habe das erste Mal ohne Trennwände gespielt, das ist schon ein Unterschied. Aber wenn man sich auf sein Spiel konzentriert, glaube ich nicht, dass es problematisch ist. Wenn man allerdings nicht 100-prozentig bei der Sache ist, kann man hier sehr leicht abgelenkt werden. Wahrscheinlich hilft die Atmosphäre letztlich sogar, sich noch stärker zur Konzentration zu zwingen. Für die Fans sind die fehlenden Trennwände aber einfach fantastisch. Sie sehen auf einmal vier oder fünf Spiele und bekommen für ihr Geld richtig was geboten. Nur als Spieler muss man sich auf den eigenen Tisch konzentrieren, die Augen dürfen nicht umherwandern. Schon deshalb, weil man ja nie weiß, was passiert und wann man wieder eine Chance bekommt.

Die Wiedereinführung des German Masters gehört neben neuen Wettbewerben wie dem Snooker Shout Out mit nur einem Frame pro Match zu den Reformen, mit denen der ehemalige World-Snooker-Chef Barry Hearn den Sport weltweit attraktiver machen will. Hat der altehrwürdige Snookersport Modernisierungen nötig?

Es ist gut, dass es jetzt so verschiedenartige Turniere gibt. Ich glaube, Snooker war nicht direkt öde und langweilig geworden. Aber der Sport hatte sich etwas festgefahren, jedes Turnier sah gleich aus, hatte den gleichen Ablauf. Deshalb sind Veränderungen gut, neue Sachen wie der Shoot Out. Jedes Turnier sollte seine eigene Identität, seine besondere Note haben. Dazu zählt auch die offene Atmosphäre hier in Berlin. Jetzt weiß jeder, dass man bei den German Masters alle Tische gleichzeitig beobachten kann. Wenn ich nächstes Jahr noch in den Top 16 der Weltrangliste bin, komme ich ganz sicher wieder. Ich würde liebend gern noch einmal im Tempodrom spielen. Immer, wenn ich in Deutschland spiele, bei Wettbewerben oder Schaukämpfen, sind die Aufmerksamkeit, die man bekommt, der Kenntnisstand und Respekt des Publiku*ms perfekt.

In der Qualifikation war Joe Swail auf dem Weg zu einem Maximum Break. Ihnen ist so ein perfektes Spiel mit 147 Punkten neunmal gelungen. Wie wichtig ist ein Maximum-Break in der Karriere eines Snookerspielers?

Es ist wahrscheinlich das herausragendste Einzelereignis für jeden, der Snooker spielt. Turniere zu gewinnen, ist auch wichtig. Aber ein Maximum ist unglaublich. Die 147 ist die beste, die aufregendste Sache, die man im Snooker schaffen kann.

Was ist der Unterschied zwischen einem guten und einem Weltklasse-Spieler?

Das spielt sich vor allem im Kopf ab. Es gibt viele talentierte Spieler heutzutage. Aber ob man zu den Top 16 der Welt gehört oder immer wieder gewinnt, entscheidet sich nur zwischen den Ohren.

Haben Sie hier in Berlin auch deutsche Spieler gesehen, die den Durchbruch schaffen können?

Ich habe es leider nicht geschafft, die Qualifikationsspiele zu sehen. Aber ich weiß, der Snookersport in Deutschland entwickelt sich. Noch gibt es keinen Deutschen unter den Top 16, aber das wird sich in Zukunft ändern. Irgendwann wird es einen talentierten Spieler geben, der in die Weltspitze vorstößt.

Wie wichtig ist es, bereits als Kind mit dem Snookerspiel zu beginnen?

Das ist sehr wichtig. Wenn man früh anfängt, kann man natürlich länger üben und sein Talent entwickeln. Allerdings habe ich erst mit fast 13 Jahren angefangen, das ist vergleichsweise spät. Andere Spieler fangen mit sechs oder sieben Jahren an.

Spielt körperliche Fitness auch eine Rolle?

Wenn du körperlich fit bist, hilft das der Konzentration. Aber du musst nicht fit sein, um überhaupt Snooker spielen zu können. Ich mache zwar auch einige Übungen. Aber nicht wegen Snooker. Ich versuche einfach, mein Gewicht im Rahmen zu halten.

Sie haben nicht nur spät mit Snooker angefangen, sondern lange Zeit auch mit einem ganz gewöhnlichen Queue gespielt. Warum?

Den Queue hatte ich aus dem Snooker-Club, in dem ich gespielt habe. Der war sehr billig – 40 Pfund, etwa 50 Euro. Aber mit dem Queue habe ich alle meine WM-Titel gewonnen. Als er 2003 zerbrach, war ich am Boden zerstört, mein Spiel hat sich danach sehr stark verändert. Ich habe bis heute noch keinen Queue gefunden, der sich genauso gut spielt wie der alte.

Sie sind 1985 Profi geworden, mit 16 Jahren. Wird inzwischen anders Snooker gespielt?

Es gibt jetzt mehr Spieler, die eine andere Spielart bevorzugen. Sie spielen aggressiver, versuchen, viele Kugeln zu versenken und spielen weniger auf Sicherheit. Ich war vermutlich der erste, der so gespielt hat, der Kugeln möglichst früh lochen und den Kugelpulk so schnell wie möglich auflösen wollte. Jetzt machen das alle Spieler.

Snookerspieler eint auch ihre extreme äußere Gelassenheit während des Spiels, gerade nach Fehlern. Haben Sie nicht manchmal den Wunsch, Ihren Frust am Tisch einfach herauszuschreien?

Manchmal schon. Aber das muss man einfach unterdrücken.

Mit Stephen Hendry sprachen Markus Lippold und Christoph Wolf

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